Hafen(sammel)becken

 

Zur Zeit in Zeitungen wirklich viel Schiff unterwegs ... hab meine Recherche diesmal ganz aufs Einsammeln aktueller Berichterstattung konzentriert, also sozusagen mit dem Kescher durch den News-Pool, kommt allerhand zusammen: Wimmelbild mit Schiffsladung, lade zur Anschauung! Beziehungsweise Erlesung – hier der Fang, satzweise herausgefischt ... das ließe sich jetzt weiterspinnen, über weise sätze, bordsatzung, bodensatz zu gemischtem satz um 6 glasen usw. ...

 

Aus der Kreuzfahrtbar Hamburg - Oslo und zurück ohne Landgang, das neupandemische Sicherheitsmodell nennt sich »Blaue Reise« ... und die bar heißt je nach stock »Schaubar« oder »Überschaubar« ... :

»... eine Reise zu deutschen Sehnsüchten« – »Die Welt beginnt in anderen Farben zu leuchten, wenn man sie aus dem diamantförmig verglasten Heck eines Kreuzfahrtschiffs betrachtet.« – »Das Wetter auf dem Schiff entspricht der allgemeinen Stimmung. Leichter Niesel bei einsetzender Dunkelheit.« – »No ladies, no gentlemen, aber: What a wonderful world.« – »Ein paar Tage auf See, das kann im tendenziell tristen Sommer 20202 ein großer Gewinn sein, oder doch einfach die dümmste Idee aller Zeiten.« – »Lost in Transportation«

Süddeutsche Zeitung, 1./2. August

 

Auf den Spuren des Fims »Before Sunrise«, Sehnsuchtstourismus in Wien:

»Ein anderes Lokal, in dem das Paar zu späterer Stunde einkehrt, ist heute sogar verschrottet. Nur rund einen Kilometer vom Otto Wagner Schützenhaus entfernt ankerte bis 2018 die "Johann Strauß", ein ehemaliges Passagierschiff der ersten Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, das ab 1986 am rechten Ufer des Donaukanals auf Höhe des Schwedenplatzes als Restaurant und Partyschiff geführt wurde ...«

Der Standard 1. August

 

»Das schmeckt nach Meer«, eine Reihe über Absacker und den Mixologen des Jahres:

Beginnt mit »Fisch muss schwimmen?« und endet mit dem Rezept »By Sea By Land«, ein Dirty Martini Cocktail mit Lachsgin ...

Die Zeit, 31. Juli


Und poolitisch auch schon ein bisschen abgesackt:

 

»Oh Kapitän, mein Kapitän«, eine Abschiedskolumne mit Bekenntnis:

»Tiefgang wie eine Luftmatratze: das Traumschiff.« – »... diese schwimmende heile Welt. Wasser bis zum Horizont und die Traumschiff-Melodie, die alle paar Minuten zu Außenaufnahmen erklingt« – »... das ideale Entschleunigungsfernsehen.«

Süddeutsche Zeitung, 16. Juli

 

»Höllenritt auf hoher See«, ebenfalls ein neues Marketing-Konzept:

»Komplette Achterbahnen auf Kreuzfahrtschiffe zu bauen ist der neueste Schrei ...« – »Einmal rund um das hintere Oberdeck wird die Fahrt gehen, bis zu 60 Meter über der Wasserlinie, mit Berg- und Talfahrten und mehreren Spiralen, allerdings ohne Looping.«

Die Zeit, 20. Juli

 

Gestern auch noch aus der Fernsehmediathek eingesammelt: »Hausboote sind wie Wohnwagen auf dem Wasser.« Soweit zum Schiff- und Seewesen im öffentlichen Diskurs. Als rein objektive Erhebung. Gänzlich unkommentiert – konstatiere jedoch forschungshalber eine nicht unerhebliche nautische / maritime Relevanz im Zeitgeist.

Apropos Forschung, die geht natürlich jetzt weiter: Kreuzfahrtschiff, Meerescocktail, Partyschiff, Hausboot – gesichtet. Das führt zur eigentlichen, maßgeblichen Fragestellung: Reicht das der Sehnsucht? Was ist mit Segelschiff, Fähre, ...? Oder gar Raumschiff ...?! ... dazu siehe auch b-logbuch-eintrag Raumschifffahrt ... Eine weitere Begutachtung des Kescherfangs verweist übrigens auf einen erhöhten Gebrauch des Wortes »Sehnsucht« – doch das ist eine andere Erhebung ...

 

Abschließend: aus einer Buchrezension von heute, sehr geeignet, um das gesamte Bündel zuzuschnüren:

»In eine Decke gehüllt sitzt Gustav Mahler auf dem Sonnendeck der Amerika. Im dunstigen Morgenlicht ist wenig zu sehen, das Meer ist grau, von Norden bläst kräftiger Wind. Aber "der Mann vom Sonnendeck" mag den Wind, und das Meer ist sein letzter Begleiter.«

Der Standard online, 2. August

Das Buch ist von Robert Seethaler und heißt »Der letzte Satz«.