Ein Kapitän erzählt sein Leben und nennt es die Geschichte seiner Frau

 

Alles Leinwand heut. Nicht Segel, sondern Kino. Hab mir eine Geschichte erzählen lassen, von einem holländischen Kapitän – oder von einer ungarischen Regisseurin. Oder auch einem ungarischen Autor. Stimmt alles, Fiktion halt. 169 Minuten lang. Was kürzer ist als eine lange Seereise und kürzer als ein Kapitänsleben (in 7 Lektionen), aber doch lang, so im Kino. Nichtsdestotrotz sehenswert. Warum? Zitiere hier kurz aus dem Klappentext zum Film:

 

Ein Mann, ein Seemann ist er, ein Kapitän, sitzt mit einem Freund in einem Lokal. Plötzlich meint er: „Die nächste Frau, die hereinkommt, heirate ich.“ Und da kommt Lizzy. …

 

Klar, dass das beschaut werden muss, forschungsbedingt. Kann mich auch nicht beklagen: viel Schiff, See & Hamburg. Schiffschön, seeschön, hafenschön. Erwähnenswert finde ich den Anlass für die Heirat: Der Kapitän hat sein Essen serviert bekommen, steht nun an Deck und hat den Schiffskoch holen lassen, das Essen ist ihm nicht gut bekommen. Der Koch fragt besorgt nach: eher wie Blähungen oder eher wie ein Stein. Antwort: Stein. Kochdiagnose: Sailors‘ Disease. Beide besorgt. Kapitän fragt Koch, warum der es nicht hat? Koch: I‘m married. Kapitän: So?  Koch: It helps.

 

Ah. Neue Erkenntnis in Sachen Seemannsleben, in nur 10 Minuten. Dann kommt die Heirat (s.o.), dann Ehe, 160min. Habe dann nachträglich etwas rumgeforscht, beim Autor, hier kommen noch ein paar Buch-Kapitänssätze dazu:

 

Ich bin ständig in Lebensgefahr, nicht nur auf hoher See, wie sollte ich mich da lange mit so einer Lappalie abgeben, ob mich meine Frau lieben, ob sie mir treu sein würde, wenn ich nicht zu Hause war. Frauen sind ja überhaupt nicht treu, besonders Kapitänsfrauen nicht, das gehört nun einmal dazu.

 

Unsereins ist ja wirklich, als hätte er die Geschichte der Menschheit zusammengedrängt erlebt ... unser Beruf vor allen anderen ist ja so, daß wir manchmal jahrelang keinen anständigen Menschen zu sehen bekommen.

 

Und zurück zum Thema Essen:

 

Ich habe zum Beispiel, als ich noch gesund war, einen Butterkuchen auch dann aufgegessen, wenn er mir vor der Nase auf die Erde gefallen war. Stellen wir uns doch mal vor: Man steht auf Deck, die Sonne brennt, und der Koch bringt als Überraschung irgendein feines Frühstücksgebäck, man schluckt förmlich schon, und in dem Augenblick fällt es einem vor der Nase auf den Boden ... Als mir das passierte, habe ich es einfach aufgehoben und gegessen.

 

Stellen wir uns das also vor, ist ja Sonntag und manchmal gibt's da auch Kuchen, allerdings eher an Land als auf See. Aber wenn der Koch dann doch was bringt ... da läuft doch gleich der innere Film ... Ship Fiction halt ...

 

So, das reicht, ist auch schon lang, der Beitrag.

Und Leinwand macht eben doch müde.

Wieder mal: So long. Die Miss.

 

 

zur quelle: »die geschichte meiner frau« von Iidikó enyedi nach einem roman von milán füst, und der kapitän heißt jakob störr. auch schön.