Wort über Bord

 

Apropos Schiffsmesse ... siehe letzte woche ... es gibt ja außerdem noch die Schiffsbibliothek an Bord, da lässt sich auch ganz gut Zeit verbringen, also neben Kajüte, Brücke, Deck, Messe, Deck, Brücke, Kajüte ... Viel Mannschaft treibt sich gerade nicht herum, wenig Anlegemanöver, heißt also viele Stunden im Alleingang. Über sehr lange Zeit. Containership Fiction.

Wortüberfrachtet. Müsste dringend mal gelöscht werden, die Ladung, nicht die Worte. Hier also gleich ein Anfang. Aus einer erlesenen Quelle, sehr wortgewaltige und völlig fiktive Segelfahrt ... 

 

»Der Ozean. Ich muss zugeben, dass mich bei seinem ungewohnten Anblick zuerst eine lähmende Traurigkeit überkam ... Auch ohne einen Sturm versetzt jede der rollenden Dünung quer laufende Woge dem Schiff derart schwere Stösse, dass dies Schlingern es von innen heraus zerrüttelt, die Schiffsglocke von sich aus zu läuten beginnt und dennoch ganz ungewiss bleibt, ob das Meer wie in der Bibel auf einmal geschaffen wurde, als etwas gar Fremdes – oder unserem Körper gleicht und wie der unter dem Schutz GOttes steht und einen eigenen Herzschlag besitzt: denn was hält die Wellen in ihrer Bewegung – die ja noch da sind, wenn der Wind sich längst gelegt hat?«

 

Da sind sie wieder, die Wellen, tauchen ja zuletzt ständig auf, vermutlich aus Sehnsucht nach Bewegung ... Und nach sonntäglicher Messe klingt's auch ein bisschen, eher nach der anderen, der ohne Kaffee.

Apropos Segeln und Kaffee, hier an Bord gibt's natürlich Segelkaffee, gar nicht fiktiv. Der wird per Segelfrachtschiff über den Atlantik transportiert, dann übers Land verteilt und regional geröstet. Und schließlich sehr lokal gemahlen, zum Beispiel hier an Bord ... und das ist der Moment, wo ich mich schnell wieder in die Messe begebe ... mhmmm.

 

Ach so, wer nun Appetit bekommen hat, dem verderb ich ihn gern wieder, mit schwerwiegender Wortladung aus selbiger Quelle, ebenfalls vertäut mit letzter Woche, Goethe-Flaute. Hier so:

 

»Diese Flauten sind elend; sie werden in der Hitze länger und länger, dass das Öl von den Segeln und das Pech vom Oberdeck herab auf unsere Strohsäcke tropft, das Schiff in seiner Ausdünstung gart und wir zum Himmel stinken. Sie brüten die Würmer aus, ob in den faulig gewordenen Süsswasser= und Proviantfässern oder im Zwieback, den die meisten ausklopfen, um sie nicht mitessen zu müssen. Und auch die Ratten vermehren sich.«

 

Nu aber, bin schon dahin!

Miss my Mess,

die Miss

 

 

quellenangabe:

»eine geschichte des windes oder vom kanonier der erstmals die welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes mal« von raoul schrott